Jugendweihe Erfurt e.V. Mosawer Kodamani
Published on
7. August 2025

Im FSJ – zum eigenen Projekt

Gemeinsam haben Maike und ich viele Stunden in die Gestaltung meines Projektes „Demokratie Jetzt!“ investiert. Dann war es klar, wir bieten einen Workshop für Schulklassen der Altersstufe 13 bis 17 Jahre an.

Premiere: wir fahren ins Eichsfeld.

Die Aufregung war groß, weil ich nicht wusste, wie die Theorie in der Praxis funktioniert. Der Workshop begann, und nach und nach merkte ich: es läuft ganz gut. Es entwickelten sich spannende Diskussionen über Vorurteile und den Umgang damit. Wir sprachen darüber, was Vorurteile eigentlich sind, wie sie entstehen und wie man damit umgehen kann. Die Lösungen kamen nicht von mir, sondern von den Jugendlichen selbst. Sie gestalteten den Workshop mit, ihre Ideen und Meinungen waren das Herzstück des Ganzen. Genauso hatten wir es uns vorgestellt. Es ging nicht darum, einen Vortrag zu halten, sondern einen Raum zu schaffen, in dem die Jugendlichen selbst erkennen, warum Toleranz für unsere Gesellschaft wichtig ist und wie Sie mit Vorurteilen besser umgehen können. Wir hatten unser Ziel erreicht. Denn nur wer selbst begreift, warum ein Thema wichtig ist, kann auch wirklich etwas verändern und überlegt schon in der Diskussion, wie er es verändern kann. Zu sehen, dass die Vorbereitungen und Überlegungen der richtige Ansatz waren, hat mich stolz und auch glücklich gemacht. Die Premiere im Eichsfeld war ein Erfolg.

Es folgten noch einige Workshops mit mehreren Jugendgruppen. Da die Jugendlichen den Workshop selbst mitgestalten, bringt jede Gruppe ihre ganz eigenen Perspektiven mit, sei es beim Wissensstand oder bei der Sichtweise auf bestimmte Themen. Es war jedes Mal eine neue Herausforderung, aber eine, die es sich lohnte zu meistern. Und so war es jedes Mal ein völlig neues Erlebnis. Der Workshop konzentriert sich gezielt auf Alltagsrassismus als eine Form der Diskriminierung. Darüber wird viel zu selten gesprochen. Genau das ist das Besondere. Es geht um konkrete Erfahrungen aus dem Alltag der Jugendlichen und nicht um Situationen, die sie noch nie erlebt haben.

Der Workshop beginnt mit einem Positionierungsspiel, um zu sehen, wie viel Wissen und Erfahrung bereits vorhanden ist. Danach klären wir die Begriffe Toleranz und Vorurteile, denn viele verwechseln sie mit Meinungen oder Bauchgefühlen. Ohne klare Definitionen ist es schwer, sich ernsthaft mit unserem Thema auseinanderzusetzen. Anschließend geht es in Kleingruppen weiter, in denen wir diskutieren, was Vorurteile und Toleranz im Alltag bedeuten, wie sie unser Denken beeinflussen und wie man ihnen begegnet. Unser Workshop lebt nicht zuletzt durch Fallbeispiele und alltagsnahe Situationen, die auf den ersten Blick ganz harmlos erscheinen, bei näherem Hinsehen aber zeigen, wie tief Vorurteile oft verankert sind. Am Ende kommen wir wieder zusammen, fassen unsere Gedanken zusammen und reflektieren gemeinsam. Es geht darum, sich gegenseitig zuzuhören, zu verstehen und voneinander zu lernen. Viele der Jugendlichen hatten sehr unterschiedliche Vorstellungen von Toleranz. Einigen war längst bewusst, dass Toleranz nicht nur heißt, Unterschiede zu ertragen, sondern sie mit Offenheit und Respekt zu begrüßen – auch dann, wenn andere völlig anders denken, glauben oder leben. Andere meinten, man sei bereits tolerant, solange man nichts Negatives über andere sagt. Gerade diese Vielfalt an Sichtweisen war bereichernd. Manche waren durch ihre eigenen Erfahrungen mit Migration sehr sensibilisiert und verstanden, dass Vielfalt unsere Gesellschaft stärkt. Andere wiederum hatten kaum Berührungspunkte mit anderen Kulturen, und ihr Wissen stammte oft nur aus Erzählungen, Medien oder Vorurteilen, mit denen sie sich unbewusst identifizierten. Gerade durch diese und die sich anschließenden Diskussionen wurde vielen klar, dass auch sie von Vorurteilen betroffen sind oder sein können und dass es wichtig ist, sich mit dem Thema auch in Zukunft auseinanderzusetzen.

Unser Projekt „Demokratie Jetzt!“ hat auch medial Aufmerksamkeit bekommen. Die Thüringer Allgemeine veröffentlichte einen Artikel über den Workshop, und auch Radio F.R.E.I. interviewte uns sehr ausführlich dazu. Für mich war es eine Bestätigung, dass mein Projekt Wirkung gezeigt hat und dass es heute mehr denn je in die Öffentlichkeit gehört. Als ich damals den ersten Artikel schrieb, hätte ich nie gedacht, wohin mich diese Entscheidung führen würde. Es war nicht immer leicht, den Workshop auszuarbeiten und zu verfeinern aber mit der Unterstützung von Dana Grosch und Maike Schökel haben wir gemeinsam die Herausforderung gemeistert. Ohne die beiden wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich bin sehr dankbar, dass sie an mich geglaubt, mir vertraut und mir den Raum gegeben haben, meine Idee umzusetzen.

Mein FSJ neigt sich dem Ende und ehrlich gesagt hätte ich nie geahnt, wie sehr mich dieses Jahr verändern würde. Nicht nur fachlich, sondern auch menschlich. Es war ein Jahr voller Entwicklungen, Erfahrungen und Begegnungen. Auch wenn mein Freiwilligendienst endet, beginnt meine Zeit mit der Jugendweihe gerade erst so richtig. Mein Projekt werde ich weiterhin durchführen und freue mich schon auf die nächsten Workshops und Gespräche mit Jugendlichen. Bei der Jugendweihe heißt es „Mitgehangen, mitgefangen“ es bedeutet aber viel mehr „Mitgehangen, mitgeprägt.“ Wir alle hinterlassen Spuren. Die Jugendweihe ist unser gemeinsamer Beitrag zu etwas Bleibendem.

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